Influencer unter Verdacht: Warum Steuerhinterziehung zum Risiko für die ganze Branche wird

Sie sind jung, erfolgreich und ständig online – Influencer gehören zu den prägenden Figuren unserer digitalen Gegenwart. Doch hinter dem schönen Schein aus Markenkooperationen und Luxusreisen verbirgt sich ein ernstes Problem: Immer mehr Influencer geraten ins Visier der Steuerfahndung. Allein in Nordrhein-Westfalen sollen Steuern in dreistelliger Millionenhöhe hinterzogen worden sein. Was bedeutet das für die Branche – und wie können Creator sich absichern?


Der Fall NRW: 300 Millionen Euro im Fokus der Steuerfahndung

In Nordrhein-Westfalen hat das neu gegründete Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität ein „Influencer-Team“ ins Leben gerufen, das sich gezielt auf große Social-Media-Accounts konzentriert. Rund 6.000 Datensätze wurden analysiert – mit dem Ergebnis: In vielen Fällen gibt es weder eine Steuernummer noch eine ordnungsgemäße Anmeldung beim Finanzamt.

Und es geht nicht um Kleinstbeträge: Mehrere zehntausend Euro monatlich sollen zum Teil über Jahre hinweg am Fiskus vorbeigeschleust worden sein – bewusst und systematisch. Besonders häufig betroffen: Influencer mit Wohnsitzverlagerung ins Ausland oder Briefkastenadressen in steuerlich attraktiven Regionen wie Dubai.


Wo liegen die Probleme?

Der Steuerverstoß beginnt oft nicht mit krimineller Absicht, sondern mit fehlendem Wissen oder mangelnder Struktur. Doch spätestens ab regelmäßigem Einkommen durch Werbung, Kooperationen oder Plattformvergütungen gelten klare steuerliche Pflichten.

Typische Problemfelder:

  • Fehlende Anmeldung beim Finanzamt
  • Unversteuerte Sachleistungen wie Reisen oder Markenprodukte
  • Einnahmen durch Affiliate-Links oder Abos ohne ordnungsgemäße Deklaration
  • Private Kontoführung bei sechsstelligem Jahreseinkommen
  • Ignorieren der Umsatzsteuerpflicht trotz Überschreiten der Kleinunternehmergrenze

Fallbeispiele aus der Praxis

Use Case 1: „Es ist doch nur ein Nebenjob“
Ein Creator startet mit ein paar Produktempfehlungen – plötzlich steigen die Einnahmen auf über 2.000 Euro monatlich. Ohne steuerliche Anmeldung kann daraus schnell ein Ermittlungsverfahren werden.

Use Case 2: Luxusreise gegen Story-Post
Ein Influencer erhält eine bezahlte Reise im Wert von 10.000 Euro als Gegenleistung für Instagram-Content. Diese Sachzuwendung zählt steuerlich als Betriebseinnahme – inklusive Umsatzsteuer. Wird das nicht korrekt gemeldet, droht Nachzahlung plus Strafzuschlag.

Use Case 3: 20.000 Euro im Monat, keine Steuernummer
Ein erfolgreicher TikToker verdient über Werbedeals und YouTube-Einnahmen, meldet aber weder ein Gewerbe an noch führt er Steuern ab. Das ist keine Lücke mehr – das ist Steuerhinterziehung.


Verantwortung für Managements und Agenturen

Auch Agenturen und Manager stehen in der Pflicht. Steuerliche Beratung dürfen sie nicht leisten – wohl aber dafür sorgen, dass ihre Talents frühzeitig professionelle Unterstützung erhalten. Ein strukturierter Onboarding-Prozess mit Steuerberater und Finanzplanung sollte Standard sein.


So sichern sich Creator ab – 5 Tipps für sauberes Influencer-Marketing

  1. Gewerbeanmeldung nicht vergessen – auch bei nebenberuflicher Tätigkeit.
  2. Steuernummer beantragen und alle Einnahmen transparent erfassen.
  3. Sachleistungen dokumentieren und steuerlich korrekt einordnen.
  4. Frühzeitig Rücklagen bilden, z. B. für Einkommen- und Umsatzsteuer.
  5. Professionelle Hilfe suchen – mit Steuerberater oder spezialisierter Finanzberatung.

Fazit: Influencer-Marketing braucht mehr als Reichweite – es braucht Struktur

Die goldenen Zeiten der steuerlichen Grauzone sind vorbei. Wer heute als Creator durchstartet, muss sich auch mit den weniger glamourösen Themen beschäftigen. Steuertransparenz ist kein „Nice to have“, sondern existenziell für langfristigen Erfolg.

Influencer-Marketing ist ein Business. Und wer ein Business betreibt, muss es auch wie eines führen.

Verwandte Artikel

Nivea neu gedacht: Wie echte Co-Creation...

Weg von Produktplatzierung, hin zur Haltung: Warum Nivea mit der „Gen Z Squad“ neue Maßstäbe setzt Influencer-Marketing steht...

Wie KI und Infrastruktur das Influencer-Marketing...

KI trifft Creator Economy: Was Marken jetzt brauchen, um im Influencer-Marketing skalierbar zu wachsen Influencer-Marketing ist heute keine...

Künstliche Influencer: Wie TikTok mit KI...

Revolution oder Risiko? TikTok setzt auf KI-generierte Werbeinhalte im Stil echter Influencer Die Grenzen zwischen echten Influencern und...

Influencer statt Promis: Warum Marken jetzt...

Die besseren Werbegesichter? Studie zeigt: Influencer schlagen klassische Testimonials Influencer-Marketing ist längst kein Hype mehr – es ist...